Presseberichte

Landwirtschaft

Hof mit Zukunft – Tagung zur außerfamiliären Hofnachfolge in Hohebuch

Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe, auch solche, die eine solide Existenzgrundlage bieten würden, haben keinen eigenen Hofnachfolger. Kinder sollen sich heute in Freiheit für einen Beruf entscheiden können – in oder außerhalb der Landwirtschaft. Darum suchen immer mehr Landwirtsfamilien ohne Nachfolger nach zukunftsfähigen Lösungen für ihre Betriebe als praktikable Alternative zur Hofaufgabe. Daneben gibt es immer mehr junge Menschen mit landwirtschaftlicher Ausbildung oder Studium, die es in die Landwirtschaft zieht und die nach Möglichkeiten suchen, sich eine landwirtschaftliche Existenz aufzubauen. Hier könnten sich Interessen ergänzen, doch bei einer Hofübergabe an Familienfremde sind Abgebende und Neugründer in einer Situation für die sie selbst keine Erfahrung haben und es wenige Vorbilder gibt. Deshalb, so Veronika Grossenbacher, Bildungsreferentin beim Evangelischen Bauernwerk, ist ein Ziel dieser Tagung, praktische Beispiele von außerfamiliären Hofübergaben vorzustellen und gelingende Faktoren für diese Art der Übergabe herauszuarbeiten.

In ihrer Einführung betonte Veronika Grossenbacher, dass es sowohl für potentielle Übergeber als auch für Übernehmer wichtig ist, sich selbst bewusst zu werden, was sie wollen. Die Übergeber müssen sich überlegen, wie viel Veränderungen sie aushalten, wo ihre Möglichkeiten und Grenzen sind, was für sie denkbar ist und was nicht? Eine außerfamiliäre Hofübergabe entlässt einen nicht von der Aufgabe des Loslassens. Übernehmer müssen sich fragen, ob ihre fachliche und unternehmerische Kompetenz ausreicht um einen Betrieb zu führen und ob sie auch die nötige Ausdauer mitbringen.

Ein gelungenes Beispiel einer außerfamiliären Weiterführung stellte Rainer Bihlmaier vor. Er kaufte 2007 den Ugenhof, einen Biobetrieb, auf der Ostalb. Er selbst kommt von einem kleinen Nebenerwerbsbetrieb im Remstal, träumte aber nach seinem Zivildienst und dem Landwirtschaftsstudium in Nürtingen immer davon, Landwirtschaft mit sozialer Arbeit zu verbinden. Ausgestattet mit einem kleinen Erbe und ganz viel Gottvertrauen ging er zusammen mit seiner Frau das Wagnis ein und übernahm den laufenden Betrieb. Mit dem Vorgänger, der auf einen Betrieb nach Brandenburg wechselte, gab es nur eine gemeinsame Woche der Einarbeitung. Der Verkäufer kam ihm bei der Finanzierung entgegen aber dennoch waren die ersten Jahre hart, inzwischen hat es sich entspannt. Auf einer Fläche von 80 ha wächst Futter für die Angus Mutterkuhherde, Coburger Fuchsschafe und Schweine. Mit einem Metzger wird Wurst hergestellt und in der hofeigenen Backstube wird gebacken. Fleisch, Wurst und Backwaren werden direkt auf drei Wochenmärkten vermarktet. Auf dem Hof gibt es zwei Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung, die im Haus wohnen und betreut werden. Rainer Bihlmaier bereut seinen Schritt nicht, wichtig ist ihm und seiner Frau, dass die Arbeit so organisiert ist, dass sie als Familie einmal im Jahr Urlaub machen können.

Über eine Anzeige im landwirtschaftlichen Wochenblatt fanden Michaela Amann und ihr Mann Joachim Weber-Amann ihren Hof bei Fichtenberg. Ein kinderloses Übergeberpaar hatte seinen kleinen Milchviehbetrieb mit 18 Kühen zur Pacht mit evtl. späterer Übernahme angeboten. Die Eheleute Amann waren damals schon Ende 30 und hatten eigentlich den Traum eines eigenen Hofes schon fast aufgegeben. Doch die Bedingungen stimmten und so pachteten sie im Jahr 2000 den Betrieb, den sie dann 2006 übernehmen konnten. Die Pachtzahlungen wurden zu einer lebenslanger Rente umfunktioniert. Die Übergeber wohnen nicht auf der Hofstelle, sondern hatten sich vorher ein eigenes Haus im Ort gebaut. Sie haben zu Beginn noch mitgearbeitet, konnten aber dennoch gut loslassen und wollten, dass die Übernehmer einen guten Start haben. Übernehmer und Übergeber pflegten immer eine offene Kommunikation und gegenseitige Wertschätzung. Michaela Amann hat von Anfang an außerlandwirtschaftlich gearbeitet und so war das Familieneinkommen nicht nur vom Hof abhängig. Der Betrieb wurde auf biologische Wirtschaftsweise umgestellt und nach der Übergabe wurde investiert in Boxenlaufstall, Photovoltaik und Heutrocknung. Die Milch wird als Heumilch an eine Käserei geliefert. Heute unterstützen Lehrling und WWOOFer bei der Arbeit.

Vom Schluckerhof in Mittelfranken waren die Übergeber, das Ehepaar Merkenschlager, und die Übernehmerin Petra Sollmann zum Seminar gekommen. Petra Sollmann hat zusammen mit ihrem Mann Stephan 2013 den Hof gepachtet und dann 2015 von Merkenschlagers übernommen. Das Ehepaar hat sich damit einen Traum verwirklicht, sie haben die Direktvermarktung ihrer Limousin Rinder und Freilandschweine ausgebaut und einen Erlebnisbauernhof daraus gemacht, Stephan geht noch halbtags außerlandwirtschaftlich arbeiten. Anschaulich berichtet zunächst der Übergeber Leonhard Merkenschlager wie bei ihm und seiner Frau die Idee der außerfamiliären Hofübergabe entstand. Das Ehepaar schaltete Anzeigen im landwirtschaftlichen Wochenblatt und auf den Internetportalen von hofgründer.de. Sie haben sich mit verschiedenen potentiellen Bewerbern getroffen. Dabei war ihnen wichtig, dass das erste Treffen nicht auf dem Hof stattfindet sondern an einem neutralen Ort. So konnten beide Seiten erst mal unvoreingenommen schauen, ob überhaupt die Chemie stimmte. So fand sich auch 2009 eine Familie, die 2 Jahre den Hof pachtete, dann aber vor der Übergabe einen Rückzieher machte. Merkenschlagers gaben deswegen nicht auf, sondern suchten aufs Neue und aus dem Umfeld erfuhren sie, dass das Ehepaar Sollmann- Petra Sollmann stammt ganz aus der Nähe – einen Betrieb sucht. Sie waren sich sympathisch und der Versuch klappte. Offen erzählt Leonhard Merkenschlager, welche Fragen ihn besonders beschäftigten: Wie kann ich den erbrechtlichen Ansprüchen meiner zwei Kinder gerecht werden? Wie reagiert die Verwandtschaft? Wichtig war für ihn, dass der Prozess der Übergabe professionell vom Projektleiter für Sozial- und Generationennachfolgeberatung des Bayrischen Bauernverbandes, Isidor Schelle, begleitet wurde. Auch die Übernehmer machten sich im Vorfeld viele Gedanken: Haben wir das nötige Know How? Können wir es finanziell stemmen? Wir übernehmen eine Lebensaufgabe- machen wir alles richtig? Beide Seiten fanden das vorgeschaltete Pachtverhältnis günstig, um sich noch besser kennenzulernen. In dieser Zeit haben sie von den langjährigen Erfahrungen der Übergeber profitiert und erst mal in der Bewirtschaftung nicht viel verändert. Mit der Übergabe aber war klar das Ruder übergeben.

Die Beispiele beim Seminar zeigten, wie unterschiedlich der Weg der außerfamiliären Hofübergabe aussehen kann. Auf jeden Fall brauchen beide Seiten einen langen Atem und Durchhaltevermögen, auch darf man die Bürokratie nicht scheuen. Es muss zwischenmenschlich passen, dazu sind Großzügigkeit, das Bemühen um Verständnis und Offenheit wichtige Voraussetzungen.

Angelika Sigel