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Mit Stolz auf die Hohebucher Bildungsarbeit eröffnete Prälat Ralf Albrecht das Agrargespräch und setzte mit Psalm 36 „Herr, Du hilfst Menschen und Tieren“ einen theologischen Impuls. Albrecht erinnerte daran, dass Gott am sechsten Schöpfungstag erst die Tiere und dann den Menschen schuf und bezeichnete Tierschutz als religiöse Aufgabe.

„Die landwirtschaftliche Tierhaltung in Baden-Württemberg ist gefährdet“ so eröffnete Minister Peter Hauk seinen Beitrag „Nachhaltige Landwirtschaft gemeinsam gestalten.“ Er lobte die Demonstrationskultur der Landwirte als einen wichtigen Beitrag zur Demokratie. Im Umgang mit dem Klimawandel setzt Hauk auf bewährte regenerative Technologien wie Windkraft, Solar und Biogas. Biogas sei besonders vorteilhaft, weil es Reststoffe verwerte und speicherbare Energie liefere.

Baden-Württemberg sei ein landwirtschaftliches Musterland. Landwirtschaft werde hier vom Mittelstand in Kreislaufwirtschaft betrieben, ohne Export von Gülle. Problematisch sei die hohe Zahl der Betriebsaufgaben, die auch in Zusammenhang mit den Erschwernissen rund um die Tierhaltung stünden. Darum bekenne er sich zur Tierhaltung im Land, die einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und zum Klimaschutz leiste und zudem die Fruchtbarkeit der Böden sicherstelle. Tierhaltung sei Lösung, nicht Ursache der Probleme.

Vorgaben für die Landwirtschaft sollten Abschreibungszeiträume mit berücksichtigen. Skeptisch äußerte sich Hauk, ob von 4% Stilllegung ein positiver ökologischer Effekt ausgehe. Für ihn würden  Naturschutz und Bewirtschaftung zusammen gehören. Mit Blick auf die erste Säule der Agrarpolitik befürwortete er in seinem Vortrag einen Vorrang für Regionalität vor Zentralität. In Bezug auf die zweite Säule verwies er auf die erheblichen Landesmittel für die Co-Finanzierung. FAKT werde gut angenommen und die Unterstützung für Junglandwirte sei gestiegen. Beklagenswert sei die hohe Zahl der Rechtsvorschriften für Landwirte. Zudem würden Leistungen im Bereich des Tierschutzes nicht im Produktpreis bezahlt. Das sei auch eine Frage der Marktmacht. 200.000 Landwirten stünden nur 5 Händler des LEH gegenüber, so Hauk.

An den Beispielen Toastbrot und Äpfel führte der Minister aus, dass der Handel seine Margen auf Kosten der Landwirtschaft steigere und schlussfolgerte: „Wir werden dem Handel auf die Finger schauen müssen!“ Der Minister warf der vorherigen Bundesregierung vor, das Ergebnis der Borchert-Kommission nicht umgesetzt zu haben und endete mit einem Bekenntnis zur Tierhaltung im Land.

Prof. Dr. Christine Wiek und M. Sc. Sara Dusel von der Uni Hohenheim thematisierten in ihrem Vortrag „Tierschutzpolitik zwischen Markt und Staat“ wie die vielen Initiativen der EU, Deutschlands und der Privatwirtschaft, die heutige Situation in der Tierhaltung beeinflussen. Diese Initiativen würden teils synergetisch, teils konkurrierend zu einander wirken. Die EU habe sich insbesondere für den Emissionsschutz eingesetzt, Deutschland habe sich in der Tierhaltung und im Bereich „Label“ engagiert und der LEH hätte sich, seinem Eigeninteresse folgend, für Tierschutz eingesetzt. Dabei profitiere der LEH auch von öffentlichen Geldern, so Wiek und Dusel. „Konsumentenschelte bringt nichts und der Markt wird den Tierschutz nicht finanzieren“, so Wiek und Dusel. Sie erinnerten daran, dass die Borchert-Kommission zum selben Ergebnis kam. Die Preisbildung sei das Problem, jedoch gebe es in der Agrarpolitik genügend Geld, insbesondere in der ersten Säule. Dieses Geld könne langfristig den Tierschutz finanzieren. Wiek und Dusel endeten mit der Feststellung: Ohne Tierhaltung geht es nicht. Der LEH stellt die Weichen, wo die Politik nicht hinkommt. Gastronomie und Verarbeitung besitzen nur wenig Einfluss. Die EU Reformen stocken. Es besteht dringend Handlungsbedarf!

 

Herr Prof. Dr. Windisch von der TU München beschäftigte sich unter dem Thema: „Wollen wir uns Nutztiere noch leisten?“ mit der Bedeutung von Biomasse in einer Situation, in der die Welt bei stetigem Bevölkerungswachstum die planetaren Grenzen bereits erreicht und sogar überschritten hat. Selbst ein vorbildlicher Weizenbestand bestünde höchstens aus 50% Körnerertrag. Werde Mehl gemahlen, reduziere sich diese Menge noch einmal um 1/3. Im Durchschnitt bedinge 1 kg menschliche Nahrung mindestens 4 kg nicht essbare Biomasse. Diese Reststoffe seien unbedingt wieder im biologischen Kreislauf zu nutzen, so Windisch, am besten durch deren Veredelung in der Tierhaltung. Dabei sei Tierhaltung jeder Rotte weit überlegen, weil durch Tierhaltung hochwertige Proteine erzeugt würden und der Dung die vorhandenen Nährstoffe wesentlich effizienter dem Boden zurückgebe als jedes Rotteerzeugnis. Auf absolutem Grünland gebe es zur Tierhaltung sowieso keine Alternative. Vegane Produkte, mit ihrer großen Menge an Reststoffen, würden erst dann klimafreundlich, wenn diese Reststoffe durch Tierhaltung wieder dem Pflanzenwachstum zugänglich gemacht werden. Windisch schloss mit der Aussage, dass sowohl zu viel als auch zu wenig Tierhaltung klimaschädlich sei. Mit Blick auf aktuelle Megatrends müsse Tierhaltung jedoch die Nahrungskonkurrenz zur menschlichen Ernährung unbedingt vermeiden.

 

„Aktiver Klimaschutz auf der Weide“ war das Thema von Frau Christine Bajohr, Bäuerin, Projektleiterin KUHproKLIMA, Accr. prof. Holistic Management. Frau Bajohr tritt dafür ein, Landwirtschaft, Tierhaltung und Klimaschutz/Ökologie  zusammen zu denken. Die Industrialisierung koste uns die Welt, planetare Grenzen seien erreicht oder auch schon überschritten. Nun gehe es darum, in Not geratene Ökosystemprozesse zu erkennen und dort hilfreich anzudocken. In Bezug auf Tierhaltung gehe es nicht nur um Tierwohl und Klima/Ökologie, es gehe auch um eine angedachte CO2 Steuer in Höhe von 600 Euro/Kuh, um Precision-Fermenting, d. h. die baldige Herstellung künstlicher Milch, um Indoor-Farming, was bedeutet, dass in mehrstöckigen Gebäuden Gemüse und Obst produziert werden. Frau Bajohr äußerte die Befürchtung, dass diese industriellen Produktionsverfahren die Lebensmittelhoheit der Landwirtschaft verdrängen könnten. Diese Art der Erzeugung sei jedoch unfähig, Ökoprozesse in Ordnung zu bringen, das Wetter positiv zu beeinflussen und gleichzeitig Nahrung zu erzeugen. Das ständige klimatische „zu viel“ und „zu wenig“ erzeuge Stress bei Pflanzen und Tieren. Die Antwort darauf sei ein ganzheitliches Weidemanagement. Es gehe darum, den Fokus auf die Funktionen Neubildung-Wachstum, Abbau-Verdauung und Speicherung-Freisetzung zu legen, Feedbacks zu beachten und aus Störungen zu lernen. Es gehe darum, selber auszuprobieren. Schuld an der ungünstigen Entwicklung seien falsche Ziele, so Bajohr. Sie endete ihren Beitrag mit Charles Darwin: „Alles was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand.“

Hohebuch, 17.01.2024

untenstehend die Präsentationen von Prof. Wieck / M. Sc. Dusel, sowie von  Prof. Windisch zum Download

Prälat Albrecht Minister Hauk

Podium: Reinhard Grieshaber