Presseberichte

Treffpunkt Evangelisches Bauernwerk

Hohebucher Wochenende: Wie steht es um die EU?

Anlässlich des Hohebucher Wochenendes hat das Evangelische Bauernwerk Uwe Roth nach Hohebuch eingeladen. Der Journalist beschäftigt sich bereits seit über 30 Jahren mit dem Thema Europa und hatte verschiedenste Anstellungen in ganz Europa – von Brüssel bis Stuttgart.

In Zeiten von Brexit und co. scheint die Europäische Union instabiler als je zuvor. Roth beginnt seinen Vortrag mit dem Satz „Perspektive hat Europa auf jeden Fall (…), aber im Moment kann alles aus der EU werden.“

Ihm ist es – uns war es immer – ein Anliegen, darauf aufmerksam zu machen, dass alles, was weltweit passiert, automatisch Europa betrifft und somit auch automatisch uns als europäische Bürger betrifft. Um das zu verdeutlichen, stellt Roth folgende Fragen an seine Zuhörer: Was bedeutet das Wort Europa für Sie? Wie bereichert Europa Ihren Alltag? Was glauben Sie, läuft falsch in der EU? Der Journalist bringt die rund 50 Zuhörer zum Nachdenken und Reflektieren.

Roth bemängelt, dass zu viele Menschen keine Ahnung haben, wie Europa funktioniert. Beispielsweise glaubte die Kommunalpolitik lange, die EU betreffe sie nicht. Roth träumt davon, Europathemen lokal zu verkaufen. Er stellt auch die Frage, warum das reiche Deutschland so stolz darauf war, viel Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds abzugreifen, obwohl es etliche ärmere Länder in der EU gibt, die die Unterstützung nötiger gebraucht hätten. Wie funktioniert Europa bzw. wie soll Europa funktionieren? Dazu verfasste Roth bereits Anfang der 90er ein Handbuch für Journalisten. Seine Überzeugung war, dass die Staaten näher zusammenrücken und ein europäisches Bewusstsein in den Köpfen der Bürger entsteht. Die Realitäten sehen allerdings anders aus. Die Staaten haben nicht einmal mit ihren Regionen Frieden geschlossen (Bsp. Spanien und Katalonien, England und Schottland). Und auch der deutsche Föderalismus ist alles andere als vorbildlich. Anstatt als ein Europa zusammenzuwachsen, wird der Nationalismus überall stärker. Ebenso fordern die Politikverdrossenheit und eine „Mach-mal-Einstellung“ der Gesellschaft die Politik heraus. Vor allem, weil ein Teil der Bevölkerung die EU abschaffen möchte, wird die Wahl des Europäischen Parlaments 2019 von größter Bedeutung sein. Auch die Gesetzgebung in Brüssel unterliegt schwierigen Umständen, denn ein Gesetz muss so formuliert werden, dass es auf alle Mitgliedsstaaten passt. Dabei wird unterschieden zwischen der Verordnung, die genau so für jeden Staat gilt, und der Richtlinie, die auf Nationalrecht umgesetzt wird. Dass die EU seit 2009 keine Verträge mehr geschlossen hat und somit keinen großen Fortschritt gemacht hat, begründet sich damit, dass Verträgen alle Mitgliedsstaaten zustimmen müssen, deren Interessen aber immer heterogener werden und Entwicklungen mit breitem Konsens (mit einer Bedeutung wie die Zollunion oder die gemeinsame Währung) schlicht unmöglich macht.

Roth, selbst überzeugter Europäer, erkennt mehrere Anlässe, warum die vereinten Nationen Europas nicht vereint auftreten (können / wollen). Seiner Meinung nach brachte die Auflösung der Sowjetunion, und damit die EU-Erweiterung, die EU vom Kurs ab. Ob Orbán oder Duda – sie seien noch nicht in der Demokratie angekommen. Weiter sieht er es problematisch, dass es zwar eine europäische Währung gibt, aber nur nationale Aufsicht. Deutschland profitiert von der EU, aber Roth betont, dass Deutschland auch genauso Mitverantwortung trägt, wenn irgendwo in Europa etwas schief läuft. Global betrachtet sieht er zwei grundlegende Konfliktlinien, nämlich zwischen arm und reich sowie zwischen alt und jung.

Den Blick nach vorne gerichtet, fällt es Uwe Roth schwer, an seiner Vision der vereinten Nationen Europas festzuhalten. Obwohl es nie schwieriger war das Heute zu verstehen als zur jetzigen Zeit, sei nichts wichtiger als das Eigeninteresse für Europa zu wecken, wachzuhalten und weiterzutragen. Demokratie lebt von Beteiligung und Engagement und die gilt es zu stärken.

Melanie Läpple