Nachhaltige Waldbewirtschaftung
Susanne Hannemann vom Evangelischen Bauernwerk in Württemberg mit Sitz in Hohebuch ist gut gelaunt und hält die Kamera griffbereit. „Das ist unsere erste Outdoor- Veranstaltung in diesem Jahr, die nicht auf unserem Gelände in Hohebuch stattfindet“, betont sie. Im Rahmen der Stadt-Land-Partnerschaft führte das Bauernwerk vergangenen Samstag eine Sommerexkursion durch. Die Hohenloher Landtour bringt die 17 Exkursionsteilnehmer am Samstag zu mehreren Wäldern im Hohenlohekreis: Vormittags geht es nach einem gemeinsamen Frühstück in Hohebuch zum Hutewald in den Naturschutzgebieten (NSG) Obere Weide und Entlesboden bei Obersteinbach. Nach dem Mittagessen fährt die Gruppe weiter zum Heiligenwald bei Zweiflingen und abschließend zur Schüsslersklinge, einem Bannwald bei Schöntal.
Ökologie Während der Landtour werden verschiedenste Fragen zur Waldökologie diskutiert: Welche Baumarten im Wald können dem Klimawandel trotzen und wie sieht die nachhaltige Waldbewirtschaftung von morgen aus? Als Referenten für die Landtour in die Hohenloher Wälder konnte das Bauernwerk mit Joachim Süssmuth von Forst Baden- Württemberg einen fachkundigen Referenten gewinnen. Als Waldnaturschützer und Waldpädagoge weiß er um die Besonderheiten der Wälder im Forstbezirk Tauberfranken. Auch Eberhard und Elke Jakob aus Untersteinbach sind gespannt, welche Lösungsansätze der Forstexperte vor dem Hintergrund des Klimawandels bei der Waldbegehung in Obersteinbach aufzeigt. „Das Waldsterben beschäftigt mich schon“, gibt Eberhard Jakob zu, der viele Jahre einen familiengeführten Obstbaubetrieb im Steinbacher Tal führte. „Mich interessieren vor allem Zukunftsstrategien für unsere heimischen Wälder und es geht auch darum, wie ein enkeltaugliches Verhalten aussehen könnte“, ergänzt seine Frau.
Fragen Joachim Süssmuth nimmt sich am Samstagvormittag bei der Waldbegehung in den Naturschutzgebieten Obere Weide und Entlesboden viel Zeit, um die zahlreichen Fragen der Exkursionsteilnehmer zu beantworten und auch viel Wissenswertes über Hutewälder zu vermitteln. „Hier in den Waldenburger Hutewäldern sind die Wälder eher licht, die Birke ist die dominierende Baumart. Die traditionelle Streunutzung wurde längst aufgegeben und die Stallhaltung setzte sich im Laufe der Jahrhunderte immer mehr durch“, erklärt Süssmuth. Immer seltener hielten sich Nutztiere in den Wäldern auf, was sich auch nachteilig auf die Bestände geschützter Pflanzen wie die Arnika auswirkte. Zwischen 1950 und 1970 gingen in den Waldenburger Hutewäldern die Bestände der Arnika massiv zurück. „Mögliche Gründe waren die fehlende extensive Bewirtschaftung und leider auch das illegale Sammeln der Heilpflanze“, erläutert der Waldnaturschützer. Als Schutzmaßnahme für die botanische Rarität wurde dann unter anderem ein Zaun angelegt. „Viel wichtiger ist aber, dass inzwischen wieder wie früher Kühe in den einstigen Hutewäldern weiden. Für ein gesundes Wachstum ist die Arnika auf die Trittspuren von Huftieren angewiesen“, erklärt Süssmuth. Joachim Süssmuth und seine Försterkollegen sind froh, dass die Zusammenarbeit mit Naturschützern, dem Regierungspräsidium Stuttgart und den Tierhaltern in den Waldenburger Hutewäldern auf fruchtbaren Boden fällt. „Seit Jahren leisten Karin und Michael Schmetzer-Bucka aus Goldbach mit ihren Ziegen und Rindern hier einen wertvollen und nachhaltigen Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft.“ Neben Arnika können sich die Exkursionsteilnehmer im Naturschutzgebiet Obere Weide auch am Anblick von wunderschönen Orchideen wie dem Gefleckten Knabenkraut oder der Blütenpracht des Fingerhuts erfreuen. Auch der unverwechselbare Ruf des Kuckucks dringt aus dem lichten Wäldchen hervor.
Wildschweine Doch das vermeintliche Waldidyll an diesem schönen Frühsommertag täuscht. Joachim Süssmuth und seine Kollegen müssen bei Kontrollgängen in den Waldenburger Hutewäldern immer wieder nach dem Rechten sehen. „Wir haben hier auch die Wildschweinbestände im Blick. Wildschweine hinterlassen nicht nur im Maisfeld große Spuren, dass sie in den heimischen Wäldern stark aktiv sind, bleibt Spaziergängern meistens verborgen“, so Süssmuth.
Fachbegriffe
Bei der Hohenloher Landtour des Evangelischen Bauernwerks in die heimischen Wälder bringt Joachim Süssmuth den wissbegierigen Exkursionsteilnehmern einige Fachbegriffe aus der Forstwirtschaft näher. So erklärt der Waldpädagoge beispielsweise detailliert, was es mit einem Bestockungs-/ Beschirmungsgrad auf sich hat. „Ein Beschirmungsgrad drückt in Prozentangaben aus, wie viel Waldboden von den Baumkronen beschattet wird.“ Um den Hutewald-Charakter herzustellen, ist ein Bestockungsgrad von 40 bis 60 Prozent notwendig. Im vorderen Teil des Naturschutzgebietes ist die Schwelle von 40 Prozent weit unterschritten. „Dort ist es kein Hutewald, sondern kommt mit einem Bestockungsgrad von zirka zehn Prozent eher dem Bild von Agro-Foresting nahe“, so Forstexperte Süssmuth. Agro-Foresting ist der englische Begriff für Agroforstwirtschaft, das Ackerbau- und Tierhaltungselemente mit Bausteinen aus der Forstwirtschaft kombiniert. olz
Bilder
Im Naturschutzgebiet Obere Weide weiden Kühe in dem lichten Hutewald. Arnika ist für gesundes Wachstum auf die Trittspuren der Tiere angewiesen.
Auch der Fingerhut, schön, aber giftig, wächst in der Oberen Weide.
Erschienen in der Hohenloher Zeitung vom 07.07.2021