Inwieweit beeinflusst die weltweite Landwirtschaft Fluchtgründe?
Warum verlassen Menschen ihre Heimat? Jede Art von Flucht hat einen Auslöser. Dieser kann mit mehreren Umständen, die zusammentreffen, begründet sein.
Inwieweit haben wir die weltweiten Fluchtursachen aus dem Blick der Landwirtschaft mit zu verschulden?
Rund um das Thema Flucht und Fluchtursachen aus landwirtschaftlicher Sicht ging es beim Themenabend des Bezirksarbeitskreises Weikersheim des Evang. Bauernwerks im Rahmen der Grünen Wochen in den Kliniken Dr. Vötisch in Bad Mergentheim. In Kurzvorträgen erläutern die Referenten Tillmann Zeller, Jörg Heinkel und Angela Müller, die alle Mitglieder im Bezirksarbeitskreis Weikersheim und dem Arbeitskreis Internationale Landwirtschaft sind, verschiedene Fluchtursachen sowie den Umgang damit.
Fluchtursache Klimawandel und Umweltzerstörung (Referent Tillmann Zeller nach Vorlage von Hansjörg Keyl)
Das Klima erwärmt sich. Dadurch verändern sich in einigen Regionen der Welt die Bedingungen und erschweren die landwirtschaftliche Nutzung. Zum Beispiel werden durch den steigenden Meeresspiegel Ackerflächen verschwinden. Dort, wo die Natur am anfälligsten ist und die Mittel zur Anpassung fehlen, entstehen Brennpunkte. Es kommt zu Konflikten oder bereits bestehende Konflikte werden verstärkt, was den Fluchtgedanken oft unterstützt. Bisher wird die Klimaveränderung kaum als Fluchtursache beachtet. Meist sind es mehrere Ursachen, die eine Flucht bedingen. Deshalb ist es schwierig zu beurteilen mit wie vielen Klimaflüchtlingen wir in den kommenden Jahren weltweit rechnen müssen.
Fluchtursache EU-Agrarpolitik (Referent Jörg Heinkel nach Vorlage von Barbara Mitscker-Heinkel)
Es scheint, als fokussiere sich die Agrarpolitik auf die Steigerung von Exportmöglichkeiten anstatt sich am regionalen Bedarf zu orientieren. Aufgrund unserer Überschussproduktion wird den heimischen Landwirten in den ärmsten Ländern nie Grundlage entzogen. Sie sind nicht konkurrenzfähig und werden zudem noch oft von ihrer Fläche verdrängt. Dementsprechend wandern sie aus den ländlichen Gebieten ab, was als Fluchtstart gewertet werden kann. Die Flucht vom Land aufgrund fehlender Einkommensquellen.
Flüchtlinge bei uns (Referentin Angela Müller)
Flüchtlinge, die in unseren ländlichen Gebieten untergebracht sind, müssen sich einerseits mit der eingeschränkten Infrastruktur arrangieren. Zwar gibt es Busse, aber nur während der Schulzeit. Es gibt kaum sozialen Wohnungsbau und wenig Mietshäuser. Freier Wohnraum ist also begrenzt und die Wege z.B. zum Sprachkurs sind weit.
Auf der anderen Seite aber, sind die Menschen in kleinen Ortschaften engagierter. Starkes Ehrenamt und persönlicher Kontakt beugen einer Ausgrenzung vor. Integration auf dem Land funktioniert schneller als in der Stadt. Jedoch kommen die meisten Flüchtlinge, die bei uns sind, aus einer urbanen Umgebung. Das lässt darauf schließen, dass die Flüchtlinge vom Land eher in den Nachbarländern ihrer Herkunftsregion Zuflucht gesucht haben. Überhaupt kommen die meisten Flüchtlinge in Lagern der umliegenden Länder unter. Die wenigsten kommen nach Europa.
Im anschließenden Meinungsaustausch diskutierten die rund 40 Veranstaltungsbesucher sehr rege. Unter anderem wurde das Einwanderungsgesetz kritisiert, das das Bleiberecht für Flüchtlinge nach ihrem Herkunftsland und nicht nach ihrem Integrationsstand bewertet. Ebenso wurde im Zusammenhang mit Landgrabbing das Thema Bodenversiegelung angesprochen. Mit dieser Thematik beschäftigt sich der Bezirksarbeitskreis Weikersheim auch bei seiner nächsten Veranstaltung.
Melanie Läpple