Presseberichte

Waiblingen

EU-Agrarpolitik – nur für die Großen?

Immer mehr Betrieben werden die niedrigen Erzeugerpreise bei gleichzeitig steigenden Bodenpreisen und Produktionskosten zum Verhängnis. Es wirkt, als ob nur große Betriebe von der EU unterstützt werden. Aber ist das das Ziel der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP)?

Hierzu hat der Bezirksarbeitskreis Waiblingen des Evang. Bauernwerks Mitte März nach Stetten, Kernen im Remstal, eingeladen. Rund 100 Gäste kamen, um Referentin Maria Heubuch, Mitglied des Europäischen Parlaments, zu hören und mit ihr zu diskutieren.

Maria Heubuch ist die Sprecherin für Entwicklungspolitik der Grünen und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Die Europaabgeordnete ist Bäuerin und bewirtschaftet mit ihrer Familie einen Milchviehbetrieb im Allgäu. Der Erhalt und die Weiterentwicklung der bäuerlichen Landwirtschaft sind ihr deshalb besonders wichtig.

Zu Beginn ihres Vortrags erläutert Heubuch die Möglichkeiten der GAP seit der Agrarreform mit Ciolos. Grüner und gerechter sollte sie werden. Die Idee war zum Beispiel 30 % der Direktzahlung (1. Säule) auf die ersten Hektare umzuschichten, sodass die Höhe der Förderung nicht mehr von der Betriebsgröße abhängt. Davor bekamen 20% der Betriebe, nämlich die großen, 80% des Geldes und für die übrigen 80% der Betriebe blieben folglich nur 20 % aus dem Fördertopf. Diesem wollte man entgegenwirken. Deutschland folgte dieser Idee, schichtete aber anstatt der möglichen 30% nur 7% der Direktzahlungen auf die ersten Hektar um. Generell bemängelt Heubuch, dass die Bundesrepublik nur eine minimale Verschiebung der Förderungen vornimmt. Mehr Ausschöpfung sei möglich. Insgesamt wird die Landwirtschaft in der EU mit 50 Milliarden Euro unterstützt, die in Direktzahlungen  (1. Säule) und gezielte Förderprogramme für nachhaltige Bewirtschaftung und ländliche Entwicklung (2. Säule) aufgeteilt sind.

Sie erklärt, dass unsere Landwirtschaft nicht weltmarktfähig sei, da wir nicht mit der amerikanischen Agrarindustrie konkurrieren könnten. Das beginne beispielsweise schon bei den unterschiedlichen Umweltstandards.

Welche Perspektiven kann es für unsere heimische Landwirtschaft geben? Die Europaabgeordnete spricht sich für eine Reform der Agrarpolitik aus. Beispielsweise fordert sie die Direktzahlungen an Produktionsweisen zu koppeln, wie es andere Staaten bereits praktizieren. Sie fordert zudem ein Eingreifen der Politik, wenn dem Markt eine Krise droht. Ebenso sagt sie, dass die Gesellschaft zwar den Umbau von Tierhaltung fordern, aber diesen dann nicht allein den Bauern überlassen kann. Wenn, dann müsse der Umbau auch bezahlt werden. Alles in allem wünscht sie sich eine Reform mit zukunftsfesten, klaren Zielen. Für welchen Markt wollen wir welche Qualität an Lebensmitteln produzieren? Welche Art von Landwirtschaft will die EU/ will die Gesellschaft?

In der anschließenden Diskussion wurde es hitzig. Manche Bedenken, Anregungen und Forderungen richtete das Publikum an Maria Heubuch. Die Parlamentarierin ging keiner Konfrontation aus dem Weg und begrüßte den kontroversen Austausch. Die Landwirte im Publikum haben sehr viele Anforderungen, von Bürokratie bis Umweltschutz, zu erfüllen und verlangen, dass kein Betrieb ausgebeutet wird. Aber alle waren sich einig, dass da Veränderungen notwendig sind.

Melanie Läpple