Presseberichte

Tuttlingen

Die Presse ist ein Instrument, das man bedienen muss

Zum Vortrags- und Gesprächsabend  kam die Agrarwissenschaftlerin und freiberufliche Journalistin Ulrike Amler aus Leonberg  nach Schura.

Trossingen-Schura.  Thema des alljährlich stattfindenden Vortrags des Bezirksarbeitskreises Tuttlingen des Evangelischen Bauernwerks in Württemberg e.V. war am Montagabend „Steckt die Landwirtschaft in der Kommunikationskrise?“ Neben der Referentin waren auch  Susanne-Marie Wagner vom Evangelischen Bauernwerk Württemberg  in Waldenburg-Hohebuch und Bezirksbauernpfarrerin Rose Winkler aus Deißlingen anwesend.

Generell sei die Presse nicht schlecht, betonte Ulrike Amler zu Beginn ihres rund zweistündigen Vortrags, bei dem sie immer wieder Zwischenfragen beantwortete. Die Presse bewege sich zwischen „Bauern-Bashing“, also heftiger herabsetzende Kritik oder gar Beschimpfungen, und  der „Agrar-Romantik“. Es gebe auch sehr gute Reportagen zu Produkten und dem Beruf Landwirt, ein riesiges Spektrum also, wie die Landwirtschaft dargestellt wird.  Bei den Infoquellen über die Landwirtschaft habe das Internet in den letzten Jahren eine enorme Zunahme erfahren „Mehr als 90 Prozent der deutschen Landwirte nutzen das Internet und sind aktiv“, doch Internet und soziale Medien seien ein „großes Haifischbecken“ mit unkontrollierten, teils unverständlichen oder fragwürdigen Inhalten.  „Social Media ist ein schneller Click mit hohem Risiko“.  Bei den Medien gehe es oft ums „nackte Überleben – wer die besten Storys bringt, hat die größten Erfolge“, weiß Ulrike Amler. Doch die Presse sei dem Presse-Kodex verpflichtet und „hat eine höhere inhaltliche Qualität wie Social Media“. Deshalb sei es auch wichtig eine unabhängige Presse zu haben und auf diese zuzugehen und Informationen zu liefern, so der Rat der Expertin, denn „Presse kann auch Benachteiligungen aufdecken“.  Die Presse sei nicht der Feind, sondern „ein Instrument, das man bedienen muss“.

Auch sollen die Landwirte Presseanfragen nicht scheuen, allerdings sei auch hier Vorsicht geboten. Sei der „Gegenüber“ jemand, der für eine Agrarfachzeitschrift arbeite, handle es sich um einen Journalisten, der über grundlegendes Fachwissen verfüge „Bei der Tages- und Publikumspresse oder auch im Fernsehen und Hörfunk handelt es sich meist um interessierte Allrounder“. Um sicher und erfolgreich zu kommunizieren bedürfe es immer einer guten Vorbereitung „nicht abwertend kritisieren, Fachbegriffe erklären, aber nicht belehren – es muss die gute fachliche Praxis der Landwirtschaft kommuniziert werden“.  Ebenso wichtig sei die „Begegnung auf Augenhöhe“ und das authentische Auftreten. Es gelte das eigene Fachgebiet selbstbewusst zu vertreten „Sie sind als Fachmann gefragt, aber Sie sitzen nicht auf der Anklagebank“, auch wenn es um schwierige und sensible Themen gehe. Selbst bei einem „echten Skandal“ rät Amler „in Eigeninitiative auf die Medien zugehen und sachliche Erklärungen statt einer Rechtfertigung liefern“, aber auch Schuldzuweisungen zu unterlassen. Um Fehlerquellen schon gar nicht aufkommen zu lassen, riet sie beispielsweise zu schriftlichen Interwies oder auch,  einen verständlichen Betriebsspiegel bereit zu halten. Mit ihrem Mut zur Öffentlichkeitsarbeit,  die gelegentlich starke Nerven benötige, schaffen die Landwirte die Identifikation mit ihren Produkten.  „Machen Sie Eindruck, sei es mit dem Gesamtbild ihres Hofes, ihrem Auftreten und ihrer Ausdrucksweise, vermitteln Sie Fachkompetenz mit freundlichem und  höflichem Ton“. Um ein positives Image zu erhalten, sei es wichtig die Presse- und die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort anzupacken mit „Plakatieren an exponierten Stellen, bringen Sie ihre Homepage-Adresse auf Maschinen an, machen Sie Hofführungen und Feldrundgänge“, allerdings warnte die Referentin auch „vermeiden Sie den Info-Over-Kill“. Unter dem Motto „agieren statt reagieren“, riet sie den Landwirten „nicht abwarten, sondern aktiv auf die Presse zugehen“, denn das Thema Mensch-Tier-Konvivialität sei charismatisch und mit Blick auf organisierte Vegetarierer und Veganer  immer Kampagne tauglich. „Überlassen Sie die Kommunikation über die Landwirtschaft nicht anderen“.

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Von Ingrid Kohler