Presseberichte

Tübingen

Das Bild der Bauern in den Medien

Wie wird die Agrarbranche in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Was können Landwirte machen, um sich besser zu präsentieren?

Sie sehen sich in einer Kommunikationskrise: Die deutschen Bauern. Zwischen Vorwürfen bei der Tierhaltung und Bauernhofromantik bewege sich die Berichterstattung in den Medien, so Ulrike Amler. Die Journalistin und Agrarwissenschaftlerin sprach am Dienstag zum Thema „Landwirtschaft in der Kommunikationskrise?“. Im Kusterdinger Bauernhofcafe Im Höfle waren rund 40 Landwirte zu Gast. Eingeladen wurde Amler vom Evangelischen Bauernwerk und dem Kreisbauernverband Tübingen. Christian Reutter, Kreisvorsitzender des Bauernverbandes, ging schon bei der Einführung in die Vollen. Vor allem die überregionale Berichterstattung sei oft pauschal und schlecht recherchiert. Verbraucher und Bauern würden sich immer weiter voneinander entfernen. Doch die Bauern seien auch zu passiv. Als Beispiel nannte er die Äußerungen des Berliner Erzbischofes Heiner Koch, der Haltungsbedingungen von Nutztieren pauschal scharf kritisierte. Bis auf den Protest des Schleswig- Holsteinischen Bauernverbandes habe es noch keine ernstzunehmende Reaktion gegeben.  Die Passivität der Bauern sei ein Problem, so Amler. Doch sie nahm auch die Medien unter Beschuss. Statt vermeintlichen Skandalen wirklich auf den Grund zu gehen, begnügten sich Journalisten oft mit Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie den Tierrechtsaktivisten von Peta oder dem Deutsche Tierschutzbund als Ansprechpartner. Da müssten, so Amler, die Landwirte gegenhalten:  “Die Landwirtschaft muss selber Themen liefern“.

„Wenn es Skandalgeschichten gibt, müssen die Bauern aktiv auf die Medien zugehen und dürfen nicht den NGOs das Feld überlassen.“ Zumal es oft wenige Schwarze Schafe unter den Landwirten seien, die für die negativen Schlagzeilen sorgen. Überhaupt sei ein aktiver Umgang mit den Medien gefragt. „Wenn ein Journalist sie fragt, ob sie etwas sagen wollen, bringt es nichts, komplett abzublocken“, so Amler. Denn Sätze wie „Mit der Presse rede ich nicht“, würden sofort den Verdacht wecken, es könne etwas falsch laufen auf dem Hof. Amler rät zu einem offenen Umgang: „Wenn sie keine Zeit haben, können sie das sagen, aber wenn jemand ihren Hof besucht und sich davon überzeugen kann, dass alles gut ist, kann das eine Chance sein.“ Das könne einem zumindest in den klassischen Medien zugute kommen. Ein Problem und eine Chance zugleich seien die Sozialen Medien. Amler: „Die Konsumenten werden zu Produzenten.“ Jeder könne etwas schreiben, auch falsche Nachrichten verbreiten. Oft werde durch die Auswahl bei Facebook beispielsweise nur die eigene Meinung bestärkt. Was sich Landwirtschaftskritiker zu Nutze machen: „Die NGOs sind Vollprofis in den sozialen Netzwerken.“  Doch auch den Bauern stehen die Netzwerke offen. Zum Beispiel, um alle paar Tage ein Bild aus dem Stall oder vom Acker zu posten und mit einem kleinen Infotext zu versehen. Statt sie zu ignorieren, sei es sinnvoller, Medien und soziale Netzwerke für die eigenen Zwecke einzuspannen. Insgesamt könne die Landwirtschaft von der Pressefreiheit profitieren. Viele hier fragen sich vielleicht: Brauchen wir die Schmierfinken überhaupt“ Doch Journalisten könnten auch dabei helfen, Sorgen und Nöte der Landwirte zu kommunizieren. Zum Beispiel mit Berichten über die geringen Erzeugerpreise für Milch und Fleisch. „Die Landwirtschaft muss selber Themen liefern“, sagte Amler. Dabei geht es auch um eine realistischere Wahrnehmung. Das Bild der Bauern in der Öffentlichkeit werde in weiten Teilen von Zeitschriften wie „Landlust“ oder Fernsehformaten wie „Bauer sucht Frau“ geprägt. „Daran können die Bauern arbeiten“, so Amler. „Wichtig ist es, offen zu sein und authentisch aufzutreten.“

Schwäbisches Tagblatt Tübingen