Presseberichte

Besigheim / Brackenheim

Das Bild der Bauern in der Medien

Wie wird die Landwirtschaft in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Was können Landwirte selbst zum Image beitragen?

Welches Bild der Landwirtschaft wird durch Medien vermittelt? Landwirte fühlen sich in den Tageszeitungen oft schlecht dargestellt. Das war Anlass für den zweiten Teil der Veranstaltungsreihe Journalistin Ulrike Amler einzuladen. Die Agrarjournalistin gibt einen Einblick, wie Journalismus funktioniert und Anregungen, wie Landwirte ihre PR-Arbeit verbessern können.

Die Landwirtschaft befindet sich in einer Kommunikationskrise. Verbraucher und Bauern entfernen sich immer mehr voneinander. Die Bauern sehen sich nach eigener Wahrnehmung an den Pranger gestellt und als Sündenbock für alles, was in der Natur, auf Ackerflächen und in der Tierhaltung angeblich schief läuft.

Ulrike Amler bestätigt diese Einschätzung. Die Berichterstattung bewege sich häufig zwischen skandalisierten Vorwürfen und Bauernhofromantik. Immer seltener bilde sie die Realität und fachliche Argumente in den Medien ab.

Infolge schlechter Presse hat die Landwirtschaft einerseits die Deutungshoheit verloren, denn die Expertenrolle übernehmen NGOs – unter anderem durch ihre offensive Kommunikation. Andererseits hat die Landwirtschaft auch das Monopol verloren, Bilder zu liefern. Die Informationen liefern nun andere. Amler wirft dem bäuerlichen Berufstand vor, dass er „in der Vergangenheit zu passiv war und sich zu sehr auf andere verlassen“ habe. „Die Landwirtschaft vor Ort muss regelmäßig selber Themen liefern, um die Deutungs- und die Bildhoheit zurückzugewinnen. Sie muss ihre eigenen Bilder liefern, sonst werden es andere tun“.

Fernsehen, Tageszeitungen und Rundfunk seien nach wie vor die wichtigsten Kanäle, über die Menschen sich über Landwirtschaft informieren. Im Gegensatz zu Social Media, die immer mehr an Bedeutung gewinnen, hat die Presse mehr Zeit für Recherchen. Die inhaltliche Qualität ist höher. Die Journalistin ruft die Landwirte zur Zusammenarbeit mit der Presse auf, denn diese ist auf „gelieferte“ Informationen angewiesen. Auf die Frage, wie Journalisten ticken, unterscheidet Amler zwischen Agrarjournalisten, die fachlich Spezialisierten, und Publikumspresse (z.B. Tageszeitung), die „interessierten Allrounder“. Diese Personengruppe hat meist keine Ausbildung naturwissenschaftlichen Bereich, ist daran interessiert sich in neue Themen einzuarbeiten und stellt die Inhalte gerne vereinfacht dar. Schließlich soll es für jeden Leser verständlich sein. Die Konsequenz ist, dass die Presse nur über das schreiben kann, was ihr geliefert wird. „Die Landwirtschaft muss als Ansprechpartner präsent sein“, so Amler, allerdings nicht nur durch Funktionäre und Verbände. Auf regionaler Ebene ist jeder einzelne Landwirt gefragt, Themen zu liefern und als Ansprechpartner für die Lokalpresse zur Verfügung zu stehen.

Zum Umgang mit der Presse hält die Agrarjournalistin Tipps bereit: Zeit nehmen, Gedanken machen, Themendisziplin bewahren und vor allem authentisch sein. Sie rät von schnellen Interviews am Telefon ab: „Lassen Sie sich die Themen geben und bitten Sie um einen Rückruf in 30 Min. Machen sie sich Gedanken und sind Sie konzentriert dabei.“ Sie empfiehlt, Fragen und Sorgen ernst zu nehmen und sachlich zu erklären, wobei keinesfalls jede Frage beantwortet werden muss. „Cool bleiben, wenn Emotionen hochkochen.“  Eine wertschätzende Kommunikation und das Teilen von differenzierten Gedanken und der persönlichen Meinung, fördern die Glaubwürdigkeit.

Aber auch das Internet habe mit Social Media-Angeboten an Bedeutung zugenommen. Das ist Problem und Chance zugleich: Wer am lautesten brüllt, werde am ehesten gehört. Jeder könne informieren aber auch falsche

Nachrichten verbreiten, ohne dass Leser den Wahrheitsgehalt prüfen könnten. Oft werde durch die Auswahl bei Facebook nur die eigene Meinung bestärkt. Das machen sich Landwirtschaftskritiker zu Nutze: „Die NGOs sind Vollprofis in den sozialen Netzwerken.“

Doch auch den Bauern stehen die Netzwerke offen. Zum Beispiel, um alle paar Tage ein Bild aus dem Stall oder vom Acker zu posten und mit einem kleinen Infotext zu versehen. Statt sie zu ignorieren, sei es sinnvoller, Medien und soziale Netzwerke für die eigenen Zwecke einzuspannen und diese Kanäle für sich zu nutzen. „Mutig sein, nicht überlegen, was der Nachbar denken könnte“ fordert Amler das Publikum auf, Verantwortung zu übernehmen und aktiv zu werden.

Generell sei die Presse als sogenannten vierte Macht im Staat ein wichtiges Instrument und der Landwirtschaft nicht nur zum Nachteil. Die Landwirte vor Ort müssten jedoch den Kontakt zur Presse selbst suchen, um ihre Anliegen zu kommunizieren und auf Themen an der Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft aufmerksam zu machen. Umgekehrt kann Presse auch Werbung für die Landwirtschaft sein, denn die öffentliche Berichterstattung hat wesentlichen Einfluss auf die öffentliche Meinung. Die Landwirtschaft muss das für sich nutzen und kann so auch von der Presse und der Pressfreiheit profitieren. Journalisten vor Ort könnten dabei helfen, Sorgen und Nöte der Landwirte zu kommunizieren. „Aber dazu müssen die Landwirte von sich aus auf die Presse zugehen „, so Amler. Dabei geht es vor allem um eine realistische Wahrnehmung jenseits von Landlustromantik und „Bauer sucht Frau Vorstellungen“.

Amler ermutigt zur Öffentlichkeit: Marketing und Journalismus werden miteinander verbunden, so können Landwirte Identifikation mit ihren Produkten schaffen. Abschließend appelliert Ulrike Amler an die Landwirtschaft, mit Hofführungen, Plakataktionen, Homepages, Exkursionen und Vorträgen an der Volkshochschule usw. Informationen zu liefern und vor Ort anzupacken. Das Ziel guter Öffentlichkeitsarbeit soll sein, ein positives Image, eine gute Reputation zu schaffen und Vertrauen zu erwerben. „Sie haben was zu sagen. Sie sind als Fachmann gefragt. Sie sitzen nicht auf der Anklagebank. Überwinden Sie emotionale Schranken und bauen Sie in ruhigen Zeiten Vertrauen auf. Nehmen Sie Verbrauchern Ängste und nehmen Sie die Bevölkerung um sich herum nicht als Feind war. Schaffen sie Verbindung“, riet Amler

Aber klar sei auch: Wer in der Öffentlichkeit stehe, brauche gelegentlich starke Nerven.

Susanne-Marie Wagner und Melanie Läpple