Schwäbische Bauern informieren sich über Landwirtschaft in Syrien
„Wenn so viele Menschen aus Syrien zu uns kommen, würden wir gerne Einiges erfahren über die Landwirtschaft in Syrien!“ Das war der Wunsch des Arbeitskreises des Evangelischen Bauernwerks in Württemberg e.V. im Kirchenbezirk Backnang. So kam es im Rietenauer Gemeindehaus zum Treffen der Bauern mit dem Agraringenieur Husam Alhouri, zusammen mit Melanie Läpple vom Evang. Bauernwerk, Bezirksbauernpfarrerin Renate Dinda und Pfarrerin Dorothee Gammel, die Herrn Alhouri, der zurzeit in der Notunterkunft in Aspach lebt, angefragt hat.
Viele Fragen hatten die Bauern unserer Region: Fragen nach dem Klima in Syrien, nach Pflanzensorten und Tierarten, nach der Größe der Höfe, aber auch Fragen nach den Fluchtursachen und nach dem Leben der Flüchtlinge bei uns. Offen und fachkundig gab Husam Alhouri Auskunft: In Syrien wird viel Weizen angebaut (Hartweizen und Weichweizen), außerdem Gerste, Mais, Linsen, Zuckerrüben, Baumwolle, Obst und Gemüse, alles für den Verbrauch im Land, es gibt weder Import noch Export von Getreide und Obst. Auch Trauben werden angebaut und zu Wein gekeltert. Auf die erstaunte Frage: „Ihr Muslime trinkt doch keinen Wein?“ wies Alhouri drauf hin, dass in Syrien auch Christen leben und dass man gut zusammen lebe, wenn die Religion nicht benutzt werde, um Menschen gegeneinander zu beeinflussen. „Wir trinken keinen Wein, das stimmt. Wir trinken Tee, das ist der arabische Wein!“
Da viele Gebiete sehr trocken sind (50mm Niederschlag im Landesinnern!) muss künstlich bewässert werden. Der Boden ist zum großen Teil lehmig und am Euphrat salzig.
Im Institut hat Husam Alhouri zum Weizenanbau geforscht (Welche Sorten passen langfristig am besten in die Region?). Auch Tests für Pflanzenschutz und für den bisher noch nicht üblichen biologischen Anbau werden gemacht.
Die Bauernhöfe sind zum Teil ganz kleine Familienbetriebe mit zwei bis drei Kühen oder große Höfe, die Milchwirtschaft betreiben mit hundert oder mehr Kühen.
Der Krieg wirkt sich auf die Landwirtschaft verheerend aus: Felder sind zerstört oder liegen brach, Lebensmittel sind knapp geworden und deshalb sehr teuer, viele Tiere sind gestorben, weil sie nicht mehr gefüttert werden konnten, Bauern haben ihre Stalltüren aufgemacht und die Tiere laufen lassen. Das Agrarinstitut ist reduziert auf den Hauptsitz in Damaskus.
„Ich liebe meine Heimat, ich habe dort ein Haus, Felder, einen guten Arbeitsplatz, ich hatte keinen Grund zur Flucht außer dem Krieg“, stellte H. Alhouri klar. Seine Frau und seine Kinder sind noch in Syrien. Sobald das möglich ist, möchte er sie nachholen. Ohne diesen Plan hätte er Syrien nicht verlassen.
Nach Deutschland habe er fliehen wollen, weil er viel über dieses Land gehört habe und gehofft habe, hier nicht nur Zuflucht sondern auch Arbeit zu finden. „Ich möchte nicht, dass der deutsche Staat für mich bezahlt, ich möchte arbeiten!“ So ist er bei allem Verständnis dafür, dass Behörden zurzeit überfordert sind, auch enttäuscht darüber, dass er nun schon seit fünf Monaten nichts tun kann als warten -und Deutsch lernen. Das allerdings tut er mit großem Eifer und mit viel Erfolg. Das Gespräch beim Abend des Bauernwerks wurde teils Englisch, teils Deutsch geführt.
Gefragt nach der Zukunft Syriens reagierte er skeptisch: „Ich sehe keinen Politiker, der das Land gut regieren und zur Demokratie führen könnte. Und ich fürchte, der Krieg wird nicht bald zu Ende sein, Menschen aus vielen Ländern kämpfen in Syrien. Es ist nicht nur ein Krieg der Syrer, es ist ein Stellvertreterkrieg. Wenn er dann mal zu Ende ist, haben alle verloren.“- Dies wird niemand bezweifeln.
Bericht: Dorothee Gammel