Presseberichte

Bad Urach

Ökumenischer Bauerntag in Mehrstetten

„Macht der Worte“ „Bad News are Good News?“

Der ökumenische Bauerntag in der voll besetzten Böhringer Festhalle setzte sich mit der Frage auseinander, was die Macht der Worte für Bilder der Landwirtschaft in uns entstehen lässt. Welche Rolle spielt dabei die gute Nachricht der Gnade Gottes in unserem Leben? Theologe und Journalist Steffen Kern ging als Gastredner auf den Umgang mit den Medien, der Macht der Worte und dem Glauben an Jesus Christus ein.

Renate Wittlinger, Bildungsreferentin Prälatur Ulm, führte durch das Programm, welches durch den Posaunenchor Böhringen unter der Leitung von Wilfried Gollmer musikalisch umrahmt wurde. Freudig gespannt sei Wittlinger über die Rede Steffen Kerns, des „Mannes der Worte“, wie sie ihn bezeichnete.

Das sogenannte „Bauern-Bashing“ stellt derzeit Landwirtsfamilien gefühlt an den Pranger, denn für vieles werden Sie verantwortlich gemacht: Klimawandel, Insektensterben, Nitratbelastung, Tierquälerei. Doch wie damit umgehen? Helfen Demos mit Traktoren in Berlin, grüne Mahn-Kreuze und Feuer auf den Feldern? Die Landwirtschaft steht derzeit oft im Visier der Medien.

Theologe Steffen Kern sagte, wir leben in einer Kultur der Empörung. Inszenierungen seien nötig, um Aufmerksamkeit zu erhalten. Er wolle aber keine Medienschelte abgeben – man brauche den soliden Journalismus, jedoch müsse der Konsument verstehen, wie uns die neuen Medien beeinflussen. Algorithmen würden dafür sorgen, dass reißerische Neuigkeiten in den Medien bei mehrfachen Likes öfters auftauchen, schneller verbreitet würden, als weniger reißerische. Hetzer würden extremer kommunizieren, im derzeitigen Sprachgebrauch fänden Formulierungen inzwischen Akzeptanz, die früher nie möglich gewesen wären, so Kern. Allgemein rede man heute abfälliger über andere, die Anonymität des Internets tue ein Übriges. „Wir leben in einer Empörungskultur – keiner hört mehr auf den anderen, wir erreichen einander nicht mehr und dies macht leider vor den Kirchentüren nicht Halt“ so der Theologe. Ein weiteres Phänomen sei, dass man der Zeitung und den Nachrichten nicht mehr Glauben schenke – aber dem Internet um so mehr. „Wir glauben die Nachrichten, die eine bereits vorhandene Saite / These in uns zum Schwingen bringt“, machte Kern aufmerksam. Schnell würden dann Bauern zu Tiermördern und Klimaverantwortlichen – das Klischee werde bestärkt.

Kern stellte fünf Trends der heutigen News vor.

  • Die Geschwindigkeit, mit der Infos im Netz landen. Hier sei der erste Konflikt: Infos seien schnell – Wahrheit brauche aber Zeit.
  • Die Flut der Informationen führe zu einer Überflutung –vieles würde ungenau wahrgenommen, übermittelt, Vorurteile dadurch bestärkt.
  • Neue Anreize gebe viele Klicks – Algorithmen puschen diese Infos, Interessantheit gewinne immer.
  • Manipulationen am Beispiel von Bildern – heute könne man keinem Bild mehr trauen, ob es der Wahrheit entspreche, Bilder könnten sehr viel suggerieren.
  • Neue Sichtbarkeit – alles werde heutzutage SOFORT und ÜBERALL sichtbar: Relevantes, unrelevantes und Intimes vermische sich, Missgeschicke würden benützt und missbraucht, so der Theologe.
  • Kern sagte, dass die Menschen heutzutage gnadenlos geworden seien, was Bilder und Nachrichten angehe, das nötige Maas, die Mitte und Menschenwürde fehle oft im Umgang miteinander.

Das Evangelium komme hier zum Tragen – die Gute Nachricht gelte allen und sei von Gott, dem Vater gegeben. „Die Menschenwürde ist uns gegeben worden und wer das weiß, der lernt, auf Menschen zu hören“, sagte der Theologe eindringlich. In seinem abschließenden Medien Einmaleins gab er den Zuhörern mit auf den Weg, in sich zu gehen und sich bei allen Kommentaren, die man so von sich gebe, sich selbst zu hinterfragen, ob man dies dem Betreffenden genauso ins Gesicht sagen würde; auf wessen Kosten die Aussage gehe, in welchen Punkten der andere Recht habe und ob man in diesem Moment ehrlich sei. Verantwortung zu tragen für das Gesagte und geschriebene Wort, respektvoll damit umzugehen und den Ton zu beachten, denn der mache schließlich die Musik. Das Gebot „Liebe Deinen Nächsten“ weise einem den Weg.

Die unterhaltsame Einlage von Katharina Schmid als Bäuerin brachte den Saal immer wieder zum Lachen. In Höchstgeschwindigkeit und breitem Schwäbisch brachte sie viele Anekdoten des ländlichen Lebens dar, die den Augenschein vermittelte, sie habe Kiemen, da zum Luft holen keine Zeit war. Zum Abschluss des Tages fand noch eine rege Diskussion über den Vortrag Kerns statt, bevor ein sehr interessanter Nachmittag zu Ende ging.

Flyer Ökumenischer Bauerntag hier downloaden